Francisco de Goya

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Caprichos

In unserer kleinen Reihe der Goya-Graphik aus der Sammlung Hegewisch folgt das Schlüsselwerk: die Caprichos. Ihren Ursprung hatten die achtzig Radierungen in einer seelischen Krise und schweren Erkrankung des Künstlers im Jahr 1792, die dazu führte, dass Goya sich ganz zurückzog und Einfall und Erfindung freien Lauf ließ. Das Konzept des in Italien entwickelten »Capriccio« besteht im Freiwerden von Ideen und Phantasien in künstlerischen Äußerungen und reicht von Leonardo über Tiepolo bis Goya. Dieser hat das Prinzip in seinen Caprichos auf den Höhepunkt geführt, denn dem alten Ansatz verleiht er einen allgemeingültigen und moralisierenden Anspruch. Der Dualismus von Vernunft und Phantasie kennzeichnet diesen ersten von insgesamt vier großen Radierungszyklen, bei dessen Entstehung im Jahre 1797 der Künstler immerhin schon 51 Jahre alt war.

Die Blätter greifen aktuelle Probleme auf: Armut, Prostitution, Aberglaube, Standesdünkel, Missbrauch klerikaler Autorität durch Inquisition und die Brutalität des Machterhalts. Der Angriff auf allgemeine und individuelle Missstände und Laster wie Lügenhaftigkeit, Kuppelei oder Bestechung macht die Blätter zu Sittenbildern der zeitgenössischen Gesellschaft. Durchtränkt von erotischer Atmosphäre und beißender Satire galt der 1799 herausgegebene Zyklus den Zeitgenossen als höchst gefährlich. Einige Kommentare belegen, dass Goyas Caprichos der Intention des Autors entsprechend gelesen und verstanden wurden. Das Publikum hielt sich jedoch angesichts des repressiven Rufes der Inquisition zurück, bis 1803 wurden bei einer Auflage von 300 lediglich 27 Serien verkauft. Goya übergab die Druckplatten König Karl IV. Gleichzeitig belegt ein wohl von ihm autorisierter zeitgenössischer Kommentar, dass er aus Furcht vor Angriffen die Allgemeingültigkeit der Inhalte zu betonen versuchte.

Heute steht der Zyklus im Zentrum des künstlerischen Vermächtnisses des großen Spaniers. Von den französischen Romantikern mit Begeisterung aufgenommen, sind die Caprichos das Werk, das am meisten dazu beitrug, Goyas Namen und Kunst in ganz Europa bekannt zu machen.