David Tremlett. Drawing Rooms

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Wandzeichnungen für die Galerie der Gegenwart

Die Hamburger Kunsthalle zeigt mit Drawing Rooms die erste große Einzelausstellung des Künstlers David Tremlett in einem deutschen Museum seit 1992. Für die Ausstellung wird er beinahe das gesamte dritte Obergeschoss der Galerie der Gegenwart mit neuen, ortspezifischen Wandzeichnungen bespielen, die speziell für diesen Ort konzipiert wurden. Zusätzlich geben Arbeiten auf Papier, Collagen und Photographien aus den Jahren 1968 – 2000 einen Einblick in das Werk des Künstlers. Tremlett (*1945) ist einer der wichtigsten Künstler Großbritanniens, der seit den 1960er Jahren eine Vielzahl von Ausstellungen in renommierten internationalen Museen hatte, 1972 an der legendären documenta 5 von Harald Szeeman teilnahm und 1992 für den Turner Prize nominiert war.

Als Bildhauer ausgebildet, arbeitet Tremlett seit Ende der 1970er Jahre vorrangig direkt auf der Wand. Dabei baut er Räume aus den flüchtigen Pigmenten der Pastellkreide. Seine Wandzeichnungen in Museen, privaten und öffentlichen Gebäuden, Sakralräumen oder Ruinen bilden eine unlösbare Einheit mit ihrem räumlichen Kontext. Sie spüren den Volumina, Rhythmen und Proportionen vorgefundener Architektur nach und kommentieren oder rekonstruieren sie, indem sie den Räumen autonome Strukturen zufügen. Durch ihre Platzierung lassen sie entweder ein verlorenes architektonisches Element wiederauferstehen oder eine neue, imaginäre Architektur entstehen. Tremletts Formen sind Linien und unregelmäßige geometrische Körper, oft Reminiszenzen gesehener Grundrisse, Türausschnitte oder Schilder, die zu stilisierten, imaginären Plänen und Architekturformen abstrahiert werden. Seine Farbpalette reicht von erdigen Tönen, die an Sand oder Backstein erinnern, bis zu kräftigen Farben wie Rot, Gelb, Türkis, Blau und Grün. Den Bildhauer Tremlett fasziniert aber auch die Formbarkeit der mit den Händen in die Wand eingeriebenen Pastellkreide: „Ich baue tatsächlich etwas in meinen Wandzeichnungen, aber in der Fläche“.

Obwohl sich der Künstler eindeutig in der Tradition der Wandmalerei sieht, die als Fresko immer eine Dauer impliziert, hat er sich für ein verletzliches, vergängliches Material entschieden. Es sind gerade die ephemeren Qualitäten des Pastells, die ihn in ihrem scheinbaren Widerspruch zur Tradition der Gattung reizen: In seinen Augen liegt die Dauerhaftigkeit eines Werkes in dessen Idee. Damit verbunden fällt auch eine gewisse Affinität zu verlassenen, vergessenen, verfallenden Gebäuden auf, beinahe so, als unternehme Tremlett eine recherche du temps perdu. Seine leisen, ihren eigenen Zerfall implizierenden Zeichnungen auf brüchigen Wänden unterstreichen Vergänglichkeit im doppelten Sinne: Ihre Formverweise auf eine vormals intakte Architektur verdeutlichen Leere und Verlust, während zugleich ihr Material, das Pastell, durch Zeit und Klima verblasst und abgetragen wird. Verbunden mit ihrem Träger schaffen die Wandzeichnungen jedoch eine neue Einheit auf Zeit, mit Tremletts Worten: „These deserted surfaces became sculptures and drawings for another time.“